IDEE
Die grosse Menschenschau zeigt den Wahnsinn unserer gegenwärtigen Welt in Monologen von real existierenden Personen, also in direkter Begegnung und in kompakten, schnellen, das Denken ankurbelnden Texten. Die frei begehbare Ausstellung umfasst mittlerweile mehr als 25 Figuren, performt von einem hochkarätigen Schauspielensemble, geschrieben vom Luzerner Autor Christoph Fellmann, in Szene gesetzt vom Luzerner Regisseur Damiàn Dlaboha. Politische Einflüsterer, wirtschaftliche Hasardeure, aberwitzige gesellschaftliche Role Models zeigen in dieser Menschenschau ihr Denken und Handeln. Eine haarsträubende Performance zwischen Realpolitik und zeitgenössischer Freakshow.
Die Texte / Monologe basieren auf einer breiten Recherche in Büchern, Medienberichten und im Internet. Sie sind allerdings nicht rein dokumentarisch, sondern dramatisiert, erweitert und überhöht. Die Figuren, die das Publikum zu sehen bekommt, sind also keine authentischen Menschen, sondern künstlerisch gestaltete Spielfiguren fürs grosse globale Game.
Die grosse Menschenschau wird laufend um neue Exponate ergänzt und aktualisiert. Alle bisherigen Texte der grossen Menschenschau gibts im Sammelband bei essais agités.



© christian felber, mign

Fotos: Christian Felber
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EXPONATE
Die grosse Menschenschau besteht derzeit aus den folgenden Exponaten:
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Abu Bakr Naji, der Stratege des Islamischen Staats
Aron D’Souza, der an Fortschritt durch Doping glaubt
Balaji Srinivasan, der herkömmliche Staaten auflösen und im Internet neu gründen will
Charles Foster, der als Dachs lebte
Hannah Upp, die dreimal ihre Identität verlor
Heikki Väänänen, der die Welt in happy und unhappy einteilte
Hoan Ton-That, dessen App jedes Gesicht erkennt
Hu Tao, die das chinesische Sozialkreditsystem umsetzte
Ingemar, der beim Selfiemachen tödlich verunfallte
James Howells, der seine Bitcoins leider in den Müll warf
Kayla, die nur fürs Berühmtsein berühmt sein will
Kerry Thornley, der eine Verschwörung erfand und sie dann selber glaubte
Larry Fink, der die grösste Geldanlegerfirma der Welt gründete und doch unbekannt blieb John de Mol, der die Realität mit der Reality austauschte
Lee Raymond, der den Klimawandel erforschen und dann leugnen liess
Mariana, die Klimakatastrophen aufräumt
Mike Schlehuber, der mit Wasser handelt
Miles Routledge, der seine Ferien bei den Taliban verbringt
Mohammed, der mit Ayn Rand im Gepäck nach Europa fuhr
Moustafa Dawa, der den Friedhof auf der griechischen Insel Lesbos betreut
Nayeon, ein totes Mädchen, das im Metaverse weiterlebt
Paul Singer, der bei bankrotten Staaten deren Schulden einklagte
Rachel Dolezal, die Weiss geboren wurde, aber Schwarz sein wollte
Rebekah Mercer, die viel Geld in Donald Trump investierte
Salita, die Social Media von Penissen und Enthauptungen säubert
Sepp, ein Aussendienstler beim Fenaco-Konzern.
Simon Ourian, der die Menschen operativ schöner (und erfolgreicher) macht
Tim Spicer, der eine Söldnerfirma gründete
Wladislaw Surkow, der für Wladimir Putin die nötige politische Realität erschuf
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TEAM
Schauspiel
Franziska Bachmann, Lion Russell Baumann, Christian Baus, Nina Duss, Christoph Fellmann,
Ursula Hildebrand, Manuel Kühne, Matthias Kurmann,
Christoph Künzler, Nicole Lechmann, Mathias Ott, Zora Schelbert, Annabelle Sersch, Marco Sieber & Irene Wespi
Texte
Christoph Fellmann
Regie
Damiàn Dlaboha
Dramaturgie
Béla Rothenbühler
Kostüme
Birgit Künzler
Maske
Sabine Flückiger, Ronald Fahm
Produktion
Marco Sieber, Butter Place Productions & Das Theaterkolleg
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Fotos
Christian Felber
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STIMMEN
Das sagen die Medien:
«Es zeigt sich in diesem dichten Programm ein mitunter deprimierendes Sittengemälde. Soll uns das alles schockieren?, fragt man sich und wird somit zur noch interessanteren Frage gezwungen: Warum schockiert uns das alles kaum mehr? (...) Während die Freaks der kolonialistisch, rassistisch und sexistisch geprägten Menschenschauen traditionellerweise die «Anderen» waren, haben die Freaks, die hier gezeigt werden, Vorbildcharakter und prägen uns. Beiläufig, unfreiwillig und oft unbewusst.»
(Anja Nora Schulthess, Luzerner Zeitung, 2023) zum Text
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«Die grosse Menschenschau ist intensiv, verstörend und unterhaltsam – ein Erlebnis. (...) David Lynch würde sich eine Zigarette anzünden.»
(Heinrich Weingartner, null41.ch, 2018) zum Text
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«Wir befinden uns in der wunderbaren Kulisse des Schulhauses St. Karli, wo Kinder und Jugendliche die Welt, das Wissen und die Werte kennen lernen – oder was davon übriggeblieben ist. Wir sehen die Zeichnungen an der Wand, die parkierten Kickboards im Keller, die ausgestopften Tiere in der Vitrine, lesen die freundlichen Hinweise der Pädagogik oder die Merksätze der Hausordnung in den Gängen. Ein paar Minuten später sitzen wir im Kindergartenzimmer, wo eine Gestalt im langen weissen Gewand und mit monströs verschwärztem Gesicht am Tischchen Platz nimmt. Fast zärtlich summt der IS-Stratege Abu Bakr Nadji, umrundet von Plüschtieren, einen Song der Ramones vor sich hin, um dann den Bogen zu seiner Poesie der Grausamkeit zu spannen. Fast fühlt man sich ein wenig geborgen. (...) Die Texte sind Destillate aus Internetrecherchen und Büchern, die der Autor zu packenden Essenzen verdichtet und formal auf die einzelnen Typen zugeschnitten hat. Mit jeder Figur wird auch der Raum, in dem sie auftritt, zu neuem Leben erweckt: Bibliothek, Werkraum, Kindergarten, Handarbeit, Musikzimmer, WC. Die Monstrosität wohnt unter uns. Die Exponate sind wir.»
(Pirmin Bossart, Luzerner Zeitung, 2018) zum Text
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«Die grosse Menschenschau nimmt Arschlöcher ernst und beleuchtet auch die Folgen, die das Arschlochsein hat.»
(Alice Köppel, Radio 3fach, 2024) zum Beitrag
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«Gerade weil die Schauspieler sich inmitten des Publikums bewegen und dieses immer wieder direkt ansprechen, bringen sie es mit ihren radikalen, provozierenden und bisweilen absurden Meinungen nicht nur zum Nachdenken, sondern rütteln auch emotional auf. (...) Das Publikum an diesem Abend ist zahlreich und auffallend jung. Da man aus zeitlichen Gründen nicht alle Figuren während einer Schau sehen kann, lohnt es sich auf jeden Fall, ein zweites Mal hinzugehen.»
(Daniela Herzog, zentralplus.ch, 2018) zum Text
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Und das sagen Besucherinnen und Besucher:
«Die grosse Menschenschau lässt einen zum staunenden Menschenkind werden: Man hört diesen schillernden, schrägen und verschrobenen Figuren zu, als erzählten sie Märchen. Und geht danach heim, um zu merken, dass diese Persönlichkeiten real sind. Dass sie bloss die Grenzen der eigenen Fantasie gesprengt haben.»
«Die Menschenschau ist ein sorgfältig recherchiertes und dabei spielerisch durchgeformtes Aufklä- rungstheater, ein Trip durch Abgründe unserer Gesellschaft in Monolog- und Museumsform. Sie zeigt, wer im Hintergrund die Strippen zieht - und wie. Auf der anderen Seite gibts Stimmen von den kleinen Rädchen im System. Sie alle bewegen sich wie Zombies durch die Ausstellung - und wir, fasziniert, verführt, bereits aufgefressen, mit ihnen. Die grosse Menschenschau ist quasi eine Darmspiegelung, schiebt uns durch den Verdauungstrakt unserer Zeit.»
«Die Grosse Menschenschau ist ein überraschendes, schlaues und unheimliches Abbild der Gesellschaft. Die Texte, Masken und das überzeugende, eindringende Spiel der Schauspielerinnen und Schauspieler ging mir bis auf die Knochen und hinterliess Bilder, die noch heute da sind.»
«Ich bin kein regelmässiger Theatergänger, würde mich sogar als Kulturbanausen bezeichnen. Meine Welt sind Zahlen und die Wirtschaft. Die Menschenschau hat mich aber genau da abgeholt und mir gezeigt, was Theater auch sein kann. Ich stand den Larry Finks und Rebekah Mercers dieser Welt gegenüber, und sie haben mich mit ihren Aussagen gefesselt und zum Denken angeregt. Die Grosse Menschenschau ist ein bereicherndes und anregendes Erlebnis, das ich allen empfehle.»
«Jugendliche Selfie-Tote, skrupellose Investoren, menschenverachtende Polit-Berater und philosophierende Selbstmordattentäter gruseln informativ und durchaus unterhaltsam, aber schrecken beim genauen Zuhören doch bis ins Mark: Die grosse Menschenschau versammelt Personifikationen des Horrors der globalisierten Welt und ihren Widersprüchen – zugespitzt, hochgeschminkt, humorvoll und trotzdem (leider!) wie direkt aus der Realität spaziert. Schärfer, böser und brillianter kann man dieses realistische Gruselkabinett nicht zusammensetzen.»
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